Erstmalig werden hier Schriften aus dem reichhaltigen Nachlass des „kleinen“ Otto Bauer (1897-1986) der Öffentlichkeit vorgelegt. Geboren in Wien, tätig als Metallarbeiter, engagiert zunächst im Umkreis der katholischen Arbeiterjugend und des Karl-von-Vogelsang-Bundes, ehe er 1922 der österreichischen Sozialdemokratischen Partei beitrat, hatte Bauer 1926 den Bund der religiösen Sozialisten als Teilorganisation der SDAP gegründet. Während im 2021 erschienenen ersten Band der Ausgewählten Schriften alle seine Artikel aus der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Menschheitskämpfer“ präsentiert wurden – dem Organ des Bundes, das von 1927 bis zum Verbot durch die austrofaschistisch-christlichsoziale Regierung Dollfuß im Februar 1934 erschien –, rückt hier der politische Kampf der religiösen Sozialisten in einen weiteren Kontext. Geboten wird insbesondere Bauers ausführlicher „Rückblick auf das Wirken der religiösen Sozialisten“ aus den 1980er Jahren: eine mit reichhaltigen Originalzitaten versehene Darstellung aus einer gereiften, gegenüber der Kirche ebenso wie gegenüber der Partei kritischen und distanzierten Perspektive. Über den Zeitraum der Existenz des Bundes in der Ersten Republik hinaus werden die Ziele und Differenzen eines religiös-sozialistischen Engagements bis hin zur südamerikanischen Befreiungstheologie der siebziger Jahre erörtert.
Desgleichen beleuchtet Bauer in den um dieselbe Zeit entstandenen „Fragen an ‚Herbst‘“ (sein bevorzugtes Pseudonym während der Illegalität) die Geschichte der Nachfolgepartei der SDAP ab 1934, der „Revolutionären Sozialisten“; er beurteilt darin seine Zusammenarbeit mit deren Vorsitzendem Joseph Buttinger, aber auch mit Dr. Otto Bauer und anderen Protagonist:inn:en der Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten (AVÖS) bis in die Zeit des Exils. Eine autobiographische Darstellung der Flucht der Familie Bauer über Italien in die Schweiz Anfang April 1938, unmittelbar nach dem „Anschluss“ Österreichs ans nationalsozialistische Deutschland, liefert „Unter den Passagieren“ (1960er oder später); und im letzten hier vorgelegten, 1943 in den USA verfassten Text „Abschied vom Sozialismus“ zieht Bauer eine scharfe Bilanz sozialistischer Politik insgesamt angesichts der Niederlage gegen den europäischen Faschismus, aber auch der Versuche eines „Neubeginnens“.
Umrahmt werden diese vier Schriften von einem Gedenken an und Interview mit Michael Benedikt, dem 2012 verstorbenen österreichischen Philosophen und Initiator der vorliegenden Ausgabe, in dessen Armen Otto Bauer starb; außerdem einer Einleitung der Herausgeber und editorischen Notizen zu den einzelnen Texten. Zur historischen Einordnung und inhaltlichen Aufschlüsselung verhilft ein umfangreicher Anhang: eine detaillierte Chronologie, ein Gesamt-Schriftenverzeichnis Otto Bauers mit Überblick über den Nachlass, eine Liste von Mitgliedern und Mitarbeiter:inne:n des BRS, ein zweifaches Namenregister (der Personen und der Orte/Programme/Institutionen) sowie, die Bände 1 und 2 erfassend, ein umfangreiches Personenlexikon der mitunter klandestinen Protagonist:inn:en und ein ausführliches Literaturverzeichnis.
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Die dreibändige Ausgabe bietet eine kommentierte Auswahl der Schriften des «kleinen» Otto Bauer (1897–1986), der den Bund der religiösen Sozialisten Österreichs mitbegründete. Die Auswahl reicht von den frühen Artikeln der 1920er Jahre bis zu Texten, die nach 1938 vor allem im amerikanischen Exil entstanden sind. Die Texte blieben mit Ausnahme der Zeitschriftenartikel der 1920er und 1930er Jahre bisher unveröffentlicht und werden hier erstmals aus dem Nachlass publiziert. Inhaltlich erstrecken sich die Texte dieser Auswahl in weitem Bogen von politischen Analysen, Debattenbeiträgen sowie kulturkritischen Abhandlungen hin zu stark biblisch inspirierten existenzphilosophischen, religiösen und apokalyptischen Texten.
Die drei Bände werden auch als E-Books gemäß open access der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
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Wolfgang Palaver ist seit 2002 Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck und seit 2019 Präsident von Pax Christi Österreich.
Cornelius Zehetner lehrt Philosophie am Institut für Philosophie der Universität Wien und ist Präsident der Gesellschaft für Phänomenologie und kritische Anthropologie.
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Mitwirkende